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Genre: Pop | Rock
Lebenswerke werden überbewertet. Chris Hyla hat seins vorsorglich weggeschmissen. Wie das klingt, erzählt seine aktuelle Platte „Lebenswerk X“. Das Leben schmeckt am besten pur: Du und eine Flasche Wein im Garten deiner Eltern; mit deinen komischen Freunden auf den Straßen deiner Stadt, Regentropfen in den Grübchen; das Gesicht deiner großen Liebe auf einem verbrannten Foto.
Das Leben ist oft kompliziert, außer wenn du mit ihm tanzt, stolperst du einmal zu oft über ein fremdes Lächeln, fällst hin, stehst auf und wünschst dir eine Zigarette.
Es gibt zwei Arten von Menschen: Schafe und Wölfe. Chris Hyla ist beides: ein rarer Popmusiker von der Sorte, die im Unterhemd zum Opernball erscheinen können, ohne rauszufliegen. Der Pop ist die Arena, auf die er den Wolf los lässt: Seine Texte schnörkellos ehrlich, seine Stimme eine Stahlfeile an den Gitterstäben, die dich von dem abhalten, was dich glücklich macht. Und das Schaf? Das schweigt und kaut. Aber fühlen kannst du es: Weiche, fette Synthiewolle und Ohrwurmmelodien, die leicht eine ganze Herde in Hüftschwung versetzen.
„Lebenswerk X“ ist ein persönliches, menschliches Album, genauso tierisch und widersprüchlich wie das Menschsein selbst. Hyla schafft süß-saure Projektionsflächen, in denen Platz ist für dein Lachen und deine Tränen, deine Wut, deine Hoffnung, für Chancen und Krisen. Er schöpft dabei aus dem Einzigen, das wir als Menschen haben: dem eigenen Menschsein. Bei einem, der sein Herz auf der Zunge trägt, umfasst das nicht nur die rosigen Vorzeigemomente; nee: Hylas Geschichten sind erfrischend dreckig und staubig.
Das tut gut in der Zeit von Instagram-Filtern und Tiernasenprofilfotos. Was er erzählt, wie es dabei klingt, ist so echt wie du und ich. Man könnte auch sagen: authentisch – aber mal ehrlich, das schreibt erstens jeder und zweitens glaubt es einem keiner.
„Lebenswerk X“ ist das erste Album von Chris Hylas Projekt Schafe & Wölfe. Es erzählt die Geschichte einer jungen Wildheit, die Bedacht und Tiefe gewinnt, um am Ende auch nicht schlauer, aber vielleicht ein klein wenig weiser zu sein. „Lebenswerk X“, das ist Synthpop mit Eiern und lyrischem Sprechgesang – kürzer kann man es kaum sagen. Es ist tanzbar, kuschelbar, feierbar und wunderbar. Wer das anders sieht, dem fehlt aller Wahrscheinlichkeit nach eine von zwei Zutaten im Leben: Schaf oder Wolf.
– Renan Cengiz, 2018